HOFMANNSTHAL, Hugo von [1874-1929]: Eigenhändiger Brief mit Ort, Datum und Unterschrift "Dein Hofmannsthal". Rodaun, 26. V. [19]22.. Oktav. 21,4 x 13,5 cm. 6 Seiten. Mit beiliegendem frankiertem Briefumschlag.

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  • IM LITERARISCHEN AUSTAUSCH MIT DEM JUGENDFREUND Wichtiger, ausführlicher und inhaltsreicher Brief an seinen Jugendfreund, den Münchner Maler, Architekten und Philosophen Hans Kestranek (1873-1949) über seine herausfordernde Arbeit am Lustspiel "Der Schwiegrige" (1921) als Opernlibrettist und die bevorstehende Uraufführung seines "Salzburger großen Welttheaters". Mit Kestranek, einem Mitschüler aus der Gymnasialzeit auf dem Akademischen Gymnasium in Wien, teilte Hofmannsthal philosphische und ästhetische Interessen. "mein lieber Kestranek Dein Brief vom 15ten April ist mir richtig zugekommen und hat mir große und nachhaltige Freude gemacht. Ich danke Dir, indem ich ihn heute überlese, recht herzlich dafür. Das Lob das Du mir gibst indem Du mir "Kunst und Stetigkeit" zusprichst, darf ich mir zu eigen machen, und es hat Gewicht für mich und kann mich darum erfreuen und aufmuntern, wenn Du es aussprichst. Denn Du bist selbst ein ernster Mensch, das weiss ich ganz wohl, seit unseren Knabenzeiten, als Du mir Kunst und Mut etwas gegen Goethes Kunstanschauung vorbrachtest, und mich auf das liber veritas des Claude hinwiesest. Du hast recht, wenn du vermutest, dass der 'Schwierige' für mich keine Nebenarbeit bedeutet. Diesen Begriff kenne ich überhaupt nicht. Ich habe eine Zeit lang Dinge gearbeitet die man als Unterlagen für die Musik eines lebenden Komponisten bezeichnen kann. Es war mir mit diesen Dingen genau so ernst und ich habe so viele Mühe daran gewandt als an irgendetwas anderes. - 1907 machte ich den ersten Versuch, ein Lustspiel höherer Art, worin wirkliche Charaktere in einer lustspielmässigen Handlung verknüpft sind, hervorzubringen. Es ist dies sehr schwer, und ich werde mich noch lange mühen, aber einiges Gültige und vielleicht Dauernde werde ich schliesslich hervorbringen. Der 'Rosencavalier' ist nur ein Glied in der Reihe, der 'Schwierige' ein anderes, das Nächste ist meine gegenwärtige Arbeit. - Das Versöhnende und Lindernde gegenüber den Nöten und Verirrungen der Zeit hast Du nicht ganz aus Deiner Stimmung an jenem Abend entgegengebracht - es liegt in der Arbeit selber, an vielen Stellen die ich fallen liess (und die sich auf Cari's Erlebnisse im Krieg bezogen) trat es deutlich hervor, jetzt leuchtet es nur für sehr empfindliche Augen, wie Deine, gleichsam als beschattetes Licht an manchen Stellen des Stücks hindurch, umso schöner für mich, wenn dann und wann einer es fühlt. - Deinen Freunden in Madrid bitte ich, das Folgende gelegentlich zu übermitteln. Die Aufführungen meines 'Salzburger großen Welttheaters', wie ich die Arbeit benenne, finden in Salzburg am 13ten bis 25ten August statt, und zwar aller Voraussicht nach in der Collegienkirche, einem Kunstwerk Fischer v. Erlachs. Es ist aber diese Arbeit keine Bearbeitung von Calderons berühmtem Geistlichen Spiel, sondern sie hat nur das Gerüst, die das ganze tragende Metapher (Bühne=Welt, Geschick=Rolle) mit ihm gemein, die aber dem großen Mythen- und Allegorienschatz zugehört den das ausgehende Mittelalter den folgenden Jahrhunderten hinterlassen hat. ... Ich danke Dir noch einmal, bitte Dich, mir Deine Teilnahme zu bewahren und erwidere Sie in freundschaftlich gleichbleibender Gesinnung. Dein Hofmannsthal." Die Uraufführung des Lustspiels "der Schwierige" fand am 7. November 1921 im Residenztheater München unter der Regie von Max Reinhardt statt und stand mehrfach auf dem Spielplan der Salzburger Festspiele. Es erfuhr seit seiner Uraufführung zahlreiche Inszenierungen und Verfilmungen und gilt als das bedeutendste Lustspiel des 20. Jahrhunderts. Neben dem "Jedermann" und dem "Rosenkavalier" ist es Hofmannsthals meist aufgeführtes Stück. Das "Salzburger große Welttheater" wurde am 13. August 1922 in der Kollegien-Kirche von Salzburg bei den Festspielen, ebenfalls unter der Regie von Max Reinhardt uraufgeführt. Dem Mysterienstück war leider nicht der Erfolg des "Jedermann" beschieden. So stand es nur noch im Jahr 1925 auf dem Spielplan der Festspiele.
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