KERNER, Justinus [1786-1862]: Brief von Schreiberhand mit Unterschrift von Schreiberhand "J. Kerner". Weinsberg,, 10. Okt[tober] 1855.. Oktav. 21,5 x 13,8 cm. 4 Seiten auf Doppelbogen

Artikelnummer: 19065
300,00 €
Steuerbetrag
Standardisierter Preis / kg:
  • ERSTE ERWÄHNUNG DES LETZTEN PORTÄTS KERNERS Inhaltsreiches ausführliches Schreiben an Emilie, die Frau des Obertribunalpräsidenten Gustav von Pfaff in Esslingen, mit denen Kerner eng freundschaftlich verbunden war. Er berichtet von zahlreichen Besuchen "aus allen Weltgegenden" seit der Rückkehr von Baden-Baden. "Meine Zimmer sahen oft aus als gehörten sie zu einer Eisenbahnanstalt". Zu diesen Besuchernzählte auch die Familie Löwenthal, die 10 Tage blieben, zwar in der Traube wohnten, jedoch mit Kerner und seiner Tochter "im Garten und auf dem Thurme speiszten". Der Wiener Dichter Max von Löwenthal und seine Frau Sophie besuchten das Kernerhaus öfter. Während eines Stuttgartbesuches in dieser Zeit verlor "die gute Löwenthal eine schöne Spitzenmantille auf der Eisenbahn", die sie " jedoch auf ein Schreiben an die Eisenbahndirection bald wieder glücklich erhielt. Geheimrat von Krieger aus Berlin kam in derselben Zeit auch und brachte für mich jammervoll einen Maler mit [Julius Hamel, 1834-1907], der mich in Öl für Krieger malen muszte, doch soll dieses Bild sehr gelungen sein". Es ist wohl das letzte Porträt, das von dem Dichter gemacht wurde und das gegen seinen Willen Krieger statt seiner erhielt. Der einschlägigen Forschung blieb es bis 1975 unbekannt. In der gleichen Zeit besuchten ihn auch Anastasius Grün und Karl Mayer (1786-1870), der alte Freund aus Tübinger Zeiten, der u.a. als wichtiger Chronist der "Schwäbischen Romantik" bekannt wurde. "Die neuesten Besuche waren Baurs von Ludwigsburg [wohl Obertribunalrat Johann Gottlieb B., 1776-1855] ... und der neueste meine liebe Frau Wildermuth aus Tübingen" [Ottilie W., die am 7. 10. von Weinsberg nach Vaihingen abgereist war]. Kerner beklagt seine täglich mehr zunehmende "Blindheit und Schwäche und das Schwinden aller Lebenslust" trotz der Bemühungen so vieler Menschen um ihn. Den "armen Grafen Neipperg" habe man nach "Winnenthal" [Zellersche Klinik] gebracht, das heutige Psychiatrische Landeskrankenhaus Winnenden. Alfred August Graf von Neipperg, verheiratet mit Marie von Württemberg, Tochter König Wilhelm I - die von Kerner besonders verehrt wurde -, war mit zunehmendem Alter irrsinnig geworden. Kerner wünscht den Freunden für ihren Baden-Baden-Aufenthalt mehr Erfolg als er ihn hatte und gibt der Angst um die Gesundheit seiner Tochter Marie Ausdruck. Er bittet abschließend "habt mit eurer alten treuen Liebe uns ferner lieb, werde ich auch noch so elend und simpelhaft". Die Schreiberin des Briefes könnte Anna Niethhammer (1846-1898), die Enkelin Justinus Kerners sein, die er selbst als seinen "Sekretär" bezeichnet hat. - Eine vollständige Transkription des Textes liegt dem Brief bei. - Vgl. Mörike-Kat. Marbach, 1975, Nr. 226 mit Abbildung.
Logo VDA Unser Antiquariat ist Mitglied im traditionsreichen Verband der deutschen Antiquare (VDA) und der International League of Antiquarian Booksellers (ILAB). ILAB Logo